Strategische Prioritäten bis 2030
- Steigerung der Verkaufsmengen von Spezialpolyolefinen
- Umsetzung der laufenden Wachstumsprojekte (Baystar, Kallo PDH 2, Borouge 4) und stärkere geografische Diversifizierung
- Aufbau einer führenden Position bei erneuerbaren und kreislauffähigen Lösungen
- Proaktives Angehen der Herausforderungen des europäischen Marktes durch Effizienzmaßnahmen
- Diversifizierung des Portfolios und weitere Integration nachgelagerter Bereiche
OMV geht davon aus, dass die Gesamtnachfrage nach Polyolefinen (Neuware und Rezyklate) mit einer CAGR von 4,1% (2024–2030) weiter steigen wird. Für Polyolefin-Neuware wird eine CAGR von 3,4% erwartet, während für Rezyklate eine CAGR von 12,0% prognostiziert wird. Auch wenn in allen Regionen ein Wachstum erwartet wird, ist davon auszugehen, dass 75% davon auf die wachstumsstarken Märkte in Asien entfallen werden.
Ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal in Europa sind unsere Spezialpolyolefine. Sie machen etwa 45% der Polyolefin-Verkaufsmengen des Unternehmens aus und erzielen eine realisierte Marge, die über den Zyklus hinweg im Durchschnitt doppelt so hoch ist wie die von Standardprodukten. OMV konzentriert sich auf die Entwicklung von Technologien für Spezialpolyolefine, Katalysatoren und das Design für Recycling. Technologien und patentierte neue Produkte werden zunächst in Europa entwickelt und dann an JV-Partner:innen in anderen Regionen lizenziert. Während das Geschäft mit Standardpolyolefinen durch Importe aus verschiedenen Regionen der Welt beeinflusst wird, sind die Spezialpolyolefine aufgrund ihrer hohen technologischen Integration und der engen Kundenbeziehungen des Unternehmens besser geschützt.
OMV will den Absatz von Spezialprodukten auf mehr als 2 Mio t erhöhen, was einer Steigerung von rund 30% gegenüber 2023 entspricht. Dies soll vor allem in den Branchen Energie, Mobilität und Infrastruktur geschehen, für die ein Marktwachstum erwartet wird. OMV verfügt über eine starke Pipeline an organischen Wachstumsprojekten in Nordamerika, Europa und dem Mittleren Osten, durch die sich seine Polyolefin-Produktionskapazität im Vergleich zu 2021 bis 2030 um 30% erhöhen wird.
Zu den wichtigsten Wachstumsinitiativen gehören:
- Baystar JV in Texas, USA: integrierter Ethan-zu-Polyethylen-Komplex mit einer Kapazität von 1 Mio t. Der Ethancracker wird mit einem hohen Auslastungsgrad betrieben, und die neue Borstar®-PE-Anlage befindet sich in der Inbetriebnahmephase. Der mittelfristige EBITDA-Beitrag des gesamten Projekts, an dem Borealis mit 50% beteiligt ist, wird auf USD 500–600 Mio pro Jahr geschätzt.
- PDH-Anlage in Kallo, Belgien: Errichtung einer Propan-Dehydrierungsanlage mit einer Produktionskapazität von 740 kt am Standort Kallo, die im ersten Halbjahr 2026 in Betrieb gehen soll. Der mittelfristige EBITDA-Beitrag wird auf rund EUR 200 Mio pro Jahr geschätzt.
- Borouge-4-JV, VAE: Bau eines Steamcrackers auf Ethanbasis mit einer Kapazität von 1,5 Mio t und von Polyolefinanlagen mit einer Kapazität von 1,4 Mio t. Dieser Cracker des ersten Quartils und die neueste Generation der Borstar®- und XLPE-Technologie, zielen auch darauf ab den Megatrend der Elektrifizierung in Asien zu bedienen. Die Inbetriebnahme der ersten Anlage ist für Ende 2025 geplant, die nachfolgenden Anlagen sollen schrittweise im Jahr 2026 in Betrieb gehen. Die Einnahmen nach vollem Produktionshochlauf für das gesamte Projekt, an dem Borealis mit 36% beteiligt ist, werden auf USD 1,5–1,9 Mrd pro Jahr geschätzt.
Eine wichtige Säule im Geschäftsbereich Chemicals ist die Steigerung der Verkaufsmengen nachhaltiger Produkte. Um eine führende Position bei erneuerbaren und kreislauffähigen Lösungen einzunehmen, will OMV seine Verkaufsmengen von nachhaltigen Basischemikalien und Polyolefinen bis 2030 auf bis zu 1,4 Mio t steigern. 70% dieser Mengen werden aus dem mechanischen und dem chemischen Recycling stammen. Das Vorzeigeprojekt von OMV auf diesem Gebiet ist ReOil®, die firmeneigene Technologie für chemisches Recycling. Die ReOil®-Anlage mit einer Kapazität von 16.000 t wurde fertiggestellt und wird 2025 in Betrieb gehen. Bis 2029 soll sie zu einer industriellen Anlage mit einer Kapazität von 200.000 t ausgebaut werden – der ersten dieser Größe weltweit. Die restlichen 30% der nachhaltigen Verkaufsmengen werden durch biobasierte Basischemikalien und Polyolefine generiert. Im Hinblick darauf wird die Integration mit F&F und den künftigen Anlagen für die Produktion von hydriertem Pflanzenöl (Hydrotreated Vegetable Oil; HVO) eine wesentliche Rolle spielen. OMV investiert auch in Rohstoffprojekte, für die zweistellige Renditen erwartet werden. So baut das Unternehmen zum Beispiel im Rahmen des Joint Ventures mit Interzero die europaweit größte Sortieranlage, um sich Rohstoffe zu konkurrenzfähigen Preisen zu sichern.
Ziel von OMV ist es, sein Polyolefingeschäft weiterzuentwickeln, indem das Unternehmen auf bestehenden Stärken und Fähigkeiten aufbaut und Wettbewerbsvorteile voll ausschöpft, um in angrenzende Märkte zu expandieren. Dafür gilt es, gezielte Investitionen zu tätigen und Initiativen zu starten, die die Rendite verbessern und den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens verringern.
OMV prüft Optionen zur Diversifizierung seines Portfolios und zur Ausweitung der Integration nachgelagerter Bereiche. Das Unternehmen sondiert Möglichkeiten für eine geografische Expansion in Nordamerika und Asien, wo es ein erhebliches Wachstumspotenzial sieht. Im Juli 2024 unterzeichnete Borealis als Mitglied eines Konsortiums mit Borouge und ADNOC eine Kooperationsvereinbarung mit der Wanhua Chemical Group, einem führenden chinesischen Chemieunternehmen. Gegenstand der Zusammenarbeit ist eine Machbarkeitsstudie zur Entwicklung eines hochmodernen Polyolefinkomplexes mit einer Kapazität von 1,6 Mio t pro Jahr in Fuzhou (China). Im Mittelpunkt des Projekts soll die von Borealis entwickelte Borstar®-Technologie stehen, um die Entwicklung von Produkten zu ermöglichen, die geeignet sind, den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe voranzutreiben. Die Steigerung der Verkaufsmengen von Spezialprodukten, die Ausweitung des Portfolios kreislauffähiger Lösungen und die Erwägung des Eintritts in angrenzende Märkte stellen dabei weitere potenzielle Expansionsmöglichkeiten dar.
Obwohl von einer wachsenden Nachfrage nach Polyolefinen bis 2030 auszugehen ist, steht der Markt unter Druck, da das weltweite Angebot die Nachfrage übersteigt, seit in China und im Mittleren Osten erhebliche neue Produktionskapazitäten entstanden sind. Die chemischen Anlagen von OMV sind auf der Kostenkurve gut positioniert, wobei 75% in den beiden oberen Quartilen liegen. Unterstützend kommt hinzu, dass die Cracker in den nordischen Ländern eine hohe Rohstoffflexibilität aufweisen und strategisch günstig in Meeresnähe gelegen sind. Auch der Besitz von Lagerkavernen ist für die Standorte in diesen Ländern ein Vorteil. Die Cracker in Österreich und Deutschland profitieren von der starken Rückwärtsintegration in die Raffinerien, während Kallo die Vorteile eines integrierten Propan-zu-Propylen-Standorts nutzen kann. Mit insgesamt 84% lag der durchschnittliche Auslastungsgrad der OMV-Anlagen im Jahr 2024 über dem europäischen Durchschnitt von 74%. Zur weiteren Stärkung seiner Wettbewerbsfähigkeit in Europa brachte der Geschäftsbereich Chemicals im Jahr 2022 ein Programm für mehr Effizienz bei Mengen, Preisen und variablen Kosten auf den Weg.
Die gesamten organischen Investitionen im Geschäftsbereich Chemicals werden im Zeitraum 2024–2030 durchschnittlich EUR 1,1 Mrd pro Jahr betragen, was etwa 30% der organischen Investitionen (CAPEX) von OMV entspricht. Davon werden etwa 60% für nachhaltige Projekte bereitgestellt. Bis 2030 werden das Operative Ergebnis vor Sondereffekten von Chemicals voraussichtlich auf EUR 2,3–2,6 Mrd und der Cashflow aus der Betriebstätigkeit auf mehr als EUR 3 Mrd steigen.