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Marktausblick

Im Jahr 2023 setzten die Zentralbanken ihre Bemühungen zur Bekämpfung der Preissteigerungen mit weiteren Zinserhöhungen fort, während der Konflikt in der Ukraine ins zweite Jahr ging und weiter andauerte. Weltweit waren die Preise für Energierohstoffe im Großen und Ganzen niedriger als 2022, wodurch insbesondere in Europa der Preisdruck auf die Verbraucher:innen nachließ. Nichtsdestotrotz blieben die gedämpften Wachstumsaussichten ein zentrales Thema für die Märkte. Dies galt auch für den Rohölmarkt, auf dem sich die Rückkehr zu einem weitreichenden Marktmanagement durch die Gruppe der + erneut als starker Preistreiber erwies. Es ist davon auszugehen, dass diese Themen auch im Jahr 2024 auf der Tagesordnung bleiben werden und die Märkte weiterhin eine mögliche Eskalation des Nahostkonflikts im Blick haben müssen.

Die Notwendigkeit, gegen Preisanstiege in der gesamten Wirtschaft vorzugehen, stand in den Industrieländern auch 2023 im Fokus der Regierungen und Zentralbanken. Eine Welt mit höheren Zinsen hat für fast alle Aspekte der Wirtschaft einen spannenden Hintergrund geschaffen: Marktteilnehmer:innen und -analyst:innen versuchen, den Zeithorizont und das Ausmaß der Auswirkungen zu verstehen, da sich die Welt immer weiter von dem Niedrigzinsumfeld entfernt, das seit der Finanzkrise 2007–2009 Bestand hatte. Diese Debatte wird zweifelsfrei auch 2024 andauern. Die desinflationären Tendenzen in den Industriestaaten hatten jedoch Ende 2023 dazu geführt, dass die Aussicht auf Zinssenkungen in den Mittelpunkt des Interesses rückte – davon ausgehend, dass sich die Preissteigerungen weiterhin in Richtung der angestrebten Marke von 2% entwickeln würden.

Bislang scheinen die höheren Zinsen von der Wirtschaft recht gut verkraftet worden zu sein. Das Wachstum in den USA entwickelte sich divergierend zum Wachstum in Europa, wo einige große Volkswirtschaften Ende 2023 mit der Aussicht auf eine technische Rezession konfrontiert waren. Dennoch war der allgemeine Druck auf die Wirtschaftstätigkeit bislang nur moderat. Die Arbeitslosigkeit stieg in den meisten Ländern leicht an, gab indes keinen Anlass zu großer Sorge. Im Frühjahr kamen Befürchtungen auf, dass die indirekten Auswirkungen schneller Zinserhöhungen die Wirtschaft und die Märkte in nur schwer vorhersehbarer Weise beeinträchtigen könnten, insbesondere nach dem Kollaps mehrerer mittelgroßer regionaler Banken in den USA und später der Credit Suisse. Doch diese Befürchtungen legten sich rasch wieder.

Niedrigere Energiepreise schwächten den wirtschaftlichen Gegenwind ab, da die Marktpreise für Erdöl und Erdgas im Jahr 2023 im Durchschnitt deutlich niedriger waren als im Jahr davor. Beide Märkte passten sich weiter an die enormen Verschiebungen, die 2022 stattgefunden hatten, und an die damit einhergehenden, massiven Umlenkungen der Handelsströme an. Die europäischen Erdgasmärkte blieben volatil – eine logische Folge ihrer strukturellen Abhängigkeit von einer Reihe internationaler -Quellen und der neuen, größeren Rolle der Erdgasspeicherung als Ausgleichsfaktor. Dennoch waren sowohl die Volatilität als auch die Preise niedriger als im Jahr 2022.

Unterdessen lagen die Ölpreise im ersten Halbjahr 2023 tendenziell weiter unter ihrem Höchststand von Mitte 2022. In der zweiten Jahreshälfte 2023 trugen Angebotskürzungen der OPEC und anderer Produzenten, allen voran Russland, zu einer neuen Preisrally bei, die 2023 ihren Höhepunkt im dritten Quartal erreichte. Ölpreise wurden kurzzeitig durch die Rückkehr der sogenannten geopolitischen Risikoprämie nach dem Ausbruch des Konflikts zwischen Israel und der Hamas unterstützt, bevor sie gegen Ende des Jahres wieder nachgaben. Sowohl das aktive Management des Ölmarktes durch die OPEC+ als auch die strukturelle Vulnerabilität des europäischen Erdgasmarktes werden auch 2024 als prägende Faktoren Einfluss auf die Energielandschaft nehmen.

Im Raffineriebereich bot das Jahr 2023 ein für die Margen sehr günstiges Umfeld. Die Benchmark-Raffineriemargen in Europa erreichten zwar nicht wieder die extremen Höchststände von 2022, lagen aber deutlich über den Durchschnittswerten der Vorjahre. Der Markt war erneut durch eine anhaltende überdurchschnittliche Performance der Mitteldestillate gekennzeichnet. Dieses Phänomen zeigte sich auch in der zweiten Jahreshälfte, was zum Teil darauf zurückzuführen war, dass die Produzenten der + erhebliche Mengen an saurem Rohöl vom Markt nahmen. Was den Ausblick für 2024 trübt, sind das wahrscheinliche Hinzukommen großer Raffineriekapazitäten und die Unsicherheit hinsichtlich der Höhe des Wachstums der Ölnachfrage. Ende 2023 schätzte die Internationale Energieagentur (IEA) das Gesamtwachstum der weltweiten Ölnachfrage für 2024 auf etwa b/d, was eine deutliche Verlangsamung gegenüber den beiden vorangegangenen Jahren bedeuten würde.

Mittel- und längerfristig werden der Pfad der Energiewende und die Dekarbonisierung der Wirtschaft weiter von Kontroversen und Unsicherheiten geprägt sein. Der Trend zum kumulativen Anstieg der Zusagen von Staaten, Regionen, Kommunen und Unternehmen zur Dekarbonisierung der Energiesysteme und der Wirtschaft setzte sich auch 2023 fort. Laut dem Carbon Tracker der University of Oxford gibt es mittlerweile für geschätzte 92% des globalen eine Netto-Null-Zusage, was einen leichten Anstieg (um zwei Prozentpunkte) gegenüber dem Vorjahr bedeutet. In der Unternehmenswelt hat mittlerweile die Mehrheit der 2.000 größten Unternehmen nach Umsatz weltweit zumindest einen Vorschlag zur Erreichung von Netto-Null-Emissionen vorgelegt. Mehr als ein Drittel hat ein Netto-Null-Ziel als Teil ihrer Unternehmensstrategie definiert.

Diese Veränderungen spiegeln sich auch in den Szenarien der wichtigsten Stimmen in der Energiebranche wider. Die IEA verweist in ihrem jüngsten World Energy Outlook auf eine weitere schrittweise Verschiebung der prognostizierten zukünftigen Nachfrage weg von Kohle, Öl und Gas hin zu erneuerbaren Energien und Strom. Dies geht aus dem STEPS-Szenario der IEA hervor, das einen Überblick über das Energiesystem auf der Grundlage der aktuellen politischen Ausrichtung gibt. Die Lücke zu einem Pfad, auf dem die im Pariser Abkommen beschriebenen maximalen Temperaturanstiege erreicht werden, bleibt jedoch beträchtlich. Szenarien, die von Netto-Null-Emissionen für das globale Energiesystem bis 2050 ausgehen, erfordern anders als noch 2021 aufgrund des zwischenzeitlichen Nachfragewachstums einen noch schnelleren Einsatz CO2-armer Technologien und einen damit verbundenen Rückgang der Nachfrage nach fossilen Brennstoffen.

Gesamtangebot an Primärenergie weltweit

In EJ

Gesamtangebot an Primärenergie weltweit (Balkendiagramm)

Quelle: World Energy Outlook 2023

Im Szenario „Stated Policies“ (STEPS) ist die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Gesamtenergienachfrage bis 2030 mit 0,7% etwa halb so hoch wie die Wachstumsrate der Energienachfrage in den letzten zehn Jahren. Die Nachfrage steigt bis 2050 weiter an.

Im Szenario „Announced Pledges“ (APS) stagniert die Gesamtenergienachfrage dank verbesserter Effizienz und der Effizienzvorteile von Technologien, die mit Strom betrieben werden – wie Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen –, gegenüber Alternativen auf Basis fossiler Brennstoffe.

Im Szenario „Netto-Null-Emissionen bis 2050“ schreiten Elektrifizierung und Effizienzsteigerungen sogar noch schneller voran, was zu einem Rückgang der Primärenergie um 1,2% pro Jahr bis 2030 führt.

Globale Nachfrage nach petrochemischen Produkten1

In Mio t

Globale Nachfrage nach petrochemischen Produkten (Balkendiagramm)

Quelle: Chemical Market Analytics von OPIS, einem Unternehmen von Dow Jones; Herbst 2023

1 Ethylen und Propylen

Die Ölnachfrage für die chemische Produktion wird aufgrund einer steigenden Nachfrage in Schwellenländern und der engen Verknüpfung mit der BIP-Entwicklung voraussichtlich zunehmen. Bis 2030 wird die Ölnachfrage für die chemische Produktion um etwa 3% pro Jahr steigen. Etwa 80% des Wachstums der Nachfrage nach chemischen Produkten und Kunststoffen werden sich bis 2030 und darüber hinaus auf Schwellenländer, vor allem in Asien, konzentrieren. Auf diese Region entfällt der größte Teil des weltweiten Bevölkerungswachstums und damit des entsprechenden Potenzials zur Verbesserung des Lebensstandards. Die Nachfrage in gesättigten Märkten wie Europa, Nordamerika und Japan dürfte langfristig im Einklang mit der wirtschaftlichen Entwicklung insgesamt gesund bleiben, die Wachstumsraten werden sich jedoch voraussichtlich verlangsamen.

Globale Nachfrage nach Polyolefin-Neuware

In Mio t

Globale Nachfrage nach Polyolefin-Neuware (Balkendiagramm)

Quelle: Chemical Market Analytics von OPIS, einem Unternehmen von Dow Jones; Herbst 2023

Polyolefine sind das größte Marktsegment bei der Herstellung von Kunststoffprodukten. Die Nachfrage nach Polyolefin-Neuware wird bis 2030 – angekurbelt durch den asiatischen Markt – weiterhin stärker als das globale BIP wachsen. Polyolefine werden für verschiedene Branchen, darunter Verpackungen, Bauwesen, Transport, Gesundheitswesen, Pharmazeutika und Elektronik, auch künftig unverzichtbar sein.

Globale Nachfrage nach recycelten Polyolefinen

In Mio t

Globale Nachfrage nach recycelten Polyolefinen (Balkendiagramm)

Quelle: Chemical Market Analytics von OPIS, einem Unternehmen von Dow Jones; Herbst 2023

Der wichtigste Erfolgsfaktor für mittel- bis langfristig nachhaltige Geschäftsmodelle ist das Wachstum bei erneuerbaren Rohstoffen und Biokunststoffen sowie die Entwicklung von kreislauffähigen Lösungen. Es wird erwartet, dass die Nachfrage nach recycelten Polyolefinen bis 2030 mehr als dreimal so schnell wachsen wird wie das globale , wobei Asien den größten Anteil ausmachen wird.

Szenario-Analyse

Die OMV verwendet zwei verschiedene Szenarien: den Base Case und den „Netto-Null-Emissionen bis 2050“-Case. Diese Szenarien unterscheiden sich durch die zugrunde gelegten Erwartungen über die Geschwindigkeit der künftigen weltweiten Dekarbonisierung und führen zu unterschiedlichen Annahmen über Nachfrage, Preise und Margen von fossilen Produkten.

  1. Der Base Case basiert auf einem von der internen Market-Intelligence-Abteilung entwickelten Szenario, bei dem davon ausgegangen wird, dass alle von den Regierungen auf der ganzen Welt angekündigten Dekarbonisierungszusagen vollständig und fristgerecht implementiert werden. In diesem Szenario wird der Temperaturanstieg bis 2100 mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% auf 1,7°C begrenzt. Die zugrunde gelegte Nachfrage und Preisentwicklung bei fossilen Rohstoffen entsprechen dem APS der IEA.*Auf Basis des von der International Energy Agency (IEA) veröffentlichten Berichts „World Energy Outlook 2022“. Der Base Case wird für die Mittelfristplanung sowie für Schätzungen verwendet, die in die Bewertung verschiedener Posten des Konzernabschlusses einfließen, wie Werthaltigkeitstests für nicht finanzielle Vermögenswerte und die Bewertung von Rückstellungen.
  2. Der Case „Netto-Null-Emissionen bis 2050“, der auf einem schnelleren Dekarbonisierungspfad basiert als der Base Case, wird für die Berechnung der Sensitivitäten verwendet, um die Unsicherheit aus der Geschwindigkeit der Energiewende zu berücksichtigen und das finanzielle Risiko für die bestehenden Vermögenswerte der OMV aus der Energiewende besser abschätzen zu können. Die in diesem Case verwendeten Annahmen entsprechen dem von der IEA modellierten Szenario von Netto-Null-Emissionen bis 2050 (Net-Zero Emissions by 2050; NZE).*Auf Basis des von der International Energy Agency (IEA) veröffentlichten Berichts „World Energy Outlook 2022“. Es zeigt einen Weg für den globalen Energiesektor auf, bis 2050 Netto-Null-CO2-Emissionen zu erreichen, und ist mit der Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5°C vereinbar.

Details zu den mit dem Klimawandel verbundenen Risiken und deren Management finden Sie im Kapitel Risikomanagement und in der Anhangangabe 2 im Konzernabschluss.

OPEC/OPEC+
Die Organisation erdölexportieren- der Länder (OPEC) und Ihre Partner sind als OPEC+ bekannt
LNG
Liquefied Natural Gas; Flüssigerdgas
OPEC/OPEC+
Die Organisation erdölexportieren- der Länder (OPEC) und Ihre Partner sind als OPEC+ bekannt
Mio
Million, Millionen
BIP
Bruttoinlandsprodukt
IEA
International Energy Agency; Internationale Energieagentur
BIP
Bruttoinlandsprodukt