Risiken und Chancen

Als internationaler Öl-, Gas- und Chemiekonzern, dessen Aktivitäten von der Förderung und Produktion von Kohlenwasserstoffen bis zum Handel und zur Vermarktung von Mineralölprodukten, chemischen Produkten und Erdgas reichen, ist die OMV einer Vielzahl von Risiken ausgesetzt – unter anderem Marktpreisrisiken und anderen finanziellen Risiken sowie operativen und strategischen Risiken. Im Risikomanagementprozess des Konzerns liegt der Schwerpunkt auf der Identifizierung, Bewertung und Beurteilung dieser Risiken und ihrer Auswirkungen auf die finanzielle Stabilität und Rentabilität. Ziel ist es, die Risiken im Rahmen des Risikoappetits und der festgelegten Risikotoleranzen des Konzerns aktiv zu steuern, um die langfristigen strategischen Ziele der OMV zu erreichen.

Geopolitische Risiken

Die Folgen anhaltender globaler Krisen – vor allem des Russland-Ukraine-Konflikts und der Covid-19-Pandemie – lassen sich derzeit ebenso wenig verlässlich abschätzen wie das Ausmaß und die Dauer der daraus resultierenden wirtschaftlichen Auswirkungen auf die OMV. Der OMV Konzern beobachtet die zunehmenden geopolitischen Spannungen aufmerksam, insbesondere den anhaltenden Konflikt zwischen Russland und der Ukraine sowie allfällige weitere damit verbundene Sanktionen und Gegensanktionen. Der Konzern prüft auch regelmäßig potenzielle weitere Auswirkungen auf seine Geschäftstätigkeit. Andauernde und/oder zunehmende Unterbrechungen der russischen Rohstofflieferungen nach Europa könnten zu einem weiteren Anstieg der europäischen Energiepreise führen. Darauf könnten politische Notfallmaßnahmen folgen, um den hohen Energiepreisen entgegenzuwirken. Beispiele dafür sind eine befristete Obergrenze auf alle Markteinnahmen der Erzeuger:innen, ein befristeter obligatorischen Solidaritätsbeitrag für Übergewinne, die Unternehmen in den Sektoren Erdöl, Erdgas, Kohle und Raffinerie in den Jahren 2022 und 2023 erwirtschaften, sowie freiwillige Maßnahmen der -Mitgliedstaaten zur Senkung des Energieverbrauchs. Sanktionen gegen Russland und von Russland verhängte Gegensanktionen könnten zu Unterbrechungen der globalen Lieferketten und zu Engpässen beispielsweise bei Energieprodukten, Rohstoffen, landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Metallen und in der Folge zu einem weiteren Anstieg der Betriebskosten führen.

Die Covid-19-Pandemie könnte sich weiterhin auf die globale Wirtschaftsentwicklung auswirken, insbesondere aufgrund von Änderungen in Chinas Zero Covid-19 Politik und dem Auftreten neuer Virusvarianten. Darüber hinaus könnten geopolitische Entwicklungen,  Unterbrechungen der Lieferketten, hohe Inflationsraten und steigenden Zinsen zu einer deutlichen Abschwächung des Wirtschaftswachstums führen.

Unternehmensweites Risikomanagement 

Finanzielle und nicht finanzielle Risiken werden regelmäßig im Rahmen des unternehmensweiten Risikomanagement-(-)Prozesses des OMV Konzerns identifiziert, beurteilt und berichtet. Hauptzweck des UWRM-Prozesses ist es, einen wesentlichen Wertbeitrag für das Unternehmen zu leisten, indem risikobasierte Managemententscheidungen ermöglicht werden. Dies erfolgt mithilfe des Modells der drei Verteidigungslinien: 1. Unternehmensführung, 2. Risikomanagement und Aufsichtsfunktionen, 3. Interne Revision. Der OMV Konzern verbessert den UWRM-Prozess kontinuierlich. Grundlage bilden interne und externe Anforderungen, wie zum Beispiel die Entwicklung neuer Standards und Frameworks für die Berichterstattung über Umwelt, Soziales und Governance (Environmental, Social, and Governance; ). Der Prozess wird durch ein konzernweites -System unterstützt, in dem sämtliche festgelegten Prozessschritte dokumentiert werden. Als Grundlage dafür dienen die Leitlinien der Risikomanagementnorm 31000. Auch nicht voll konsolidierte Gesellschaften sind in diesem Prozess inkludiert.

Governance 

Der Vorstand trägt die Verantwortung für die Risikoüberwachung und stellt sicher, dass das Management einen umfassenden Prozess zur Identifizierung, Priorisierung, Steuerung und Überwachung der für das Unternehmen kritischen Risiken eingerichtet hat. Außerdem etabliert, kommuniziert und implementiert der Vorstand unsere Risikomanagementkultur im gesamten OMV Konzern. Die Vorstandsmitglieder der OMV diskutieren regelmäßig (und zumindest vierteljährlich) über aktuelle und bevorstehende Richtlinien und Vorschriften zu Umwelt, Klima und Energie, diesbezügliche Entwicklungen in den Kraftstoff-, Chemikalien- und Gasmärkten, die finanziellen Auswirkungen von 2-Emissionshandelspflichten, den Status von Innovationsprojekten und den Fortschritt in Bezug auf die Nachhaltigkeitsziele.

Die OMV legt einen starken Fokus auf die potenzielle Vulnerabilität des Unternehmens durch den Klimawandel (z.B. Wasserknappheit, Dürreperioden, Überschwemmungen und Erdrutsche), die Auswirkungen des Unternehmens auf die Umwelt und die Maßnahmen zur Gewährleistung einer erfolgreichen Transformation hin zu einer CO2-armen Umwelt (z.B. Reduzierung der CO2-Emissionen und Einhaltung neuer regulatorischer Anforderungen). Die mit dem Klimawandel in Zusammenhang stehenden kurz- und mittelfristigen physischen Schwachstellen werden im Rahmen des UWRM-Prozesses ermittelt und berichtet. Sie überschreiten nicht die Meldeschwellen der OMV.

Im Jahr 2022 leitete der OMV Konzern eine robuste, standortspezifische Klimarisiko- und Vulnerabilitätsbewertung der physischen Klimarisiken in Übereinstimmung mit der EU-Taxonomie ein, um die Widerstandsfähigkeit der einzelnen Anlagen gegenüber dem künftigen Klimawandel und den damit verbundenen physischen Klimarisiken zu ermitteln. Akute und chronische Risiken im Zusammenhang mit Temperatur, Wind, Wasser und fester Masse wurden zunächst auf der Grundlage der Geschäftsspezifität und der potenziellen Auswirkungen auf die OMV geprüft. Dafür wurde ein zweifacher Ansatz verwendet, der mit dem Ansatz des UWRM übereinstimmt.

Auf der Grundlage der vorausgewählten akuten und chronischen Risiken wurden alle Standorte des OMV Konzerns, an denen taxonomiefähige Tätigkeiten stattfinden, nach ihrer Priorität geordnet. Diese Aufgabe wurde mit Unterstützung eines Risikoberaters durchgeführt. Er verwendete eine Reihe von Indizes, die ein grundlegendes Verständnis der Veränderungen vermitteln sollen, die künftige Umweltbedingungen für die jeweiligen Standorte und Betriebe bedeuten.

Alle Anlagen mit mittlerer, hoher oder extremer Exposition gegenüber einem oder mehreren akuten oder chronischen physischen Klimarisiken wurden eingehender analysiert. Für eine solide Risikoabschätzung wurden physische Risiken modelliert. Als Grundlage dienten atmosphärische Daten zu Temperatur, Niederschlag, Dürre und Waldbränden sowie andere Daten zu Küstenhochwassern, tropischen Wirbelstürmen, Wasserstress und Flussüberschwemmungen. Die Analyse umfasste Szenarien, die auf den repräsentativen Konzentrationspfaden (Representative Concentration Pathways; RCPs) des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) basieren. Die vier RCPs (2.6, 4.5, 6.0 und 8.5), die im fünften Sachstandsbericht (AR5) des IPCC enthalten sind, wurden für diese Analyse verwendet und auf verschiedene Zeithorizonte angewendet, die mit der OMV Strategie übereinstimmen. Nach erfolgter Abschätzung der finanziellen Auswirkungen der jeweiligen Risiken wurden mit dem Management mögliche Strategien zur Risikominderung erörtert, um die Durchführung geeigneter Anpassungsmaßnahmen sicherzustellen.

Der Risikoausschuss des Konzerns besteht aus dem CFO des OMV Konzerns und Mitgliedern des Senior Managements und tagt mindestens viermal im Jahr. Er stellt sicher, dass das Risikobewusstsein und die Risikoprävention in allen Entscheidungsprozessen verankert sind. Zudem validiert der Ausschuss die wichtigsten nicht finanziellen und finanziellen Risiken, die im Hinblick auf die kurz-, mittel- und langfristigen Ziele der OMV identifiziert wurden. Mehr dazu finden Sie im Geschäftsbericht.

Risikomanagementprozess 

Der Risikomanagementprozess basiert auf einer Kombination von Bottom-up- und Top-down-Ansatz, und alle Mitarbeiter:innen müssen die am besten geeigneten Strategien zur Risikobegrenzung in ihrem Aufgabenbereich umsetzen. Identifizierte und bewertete Risiken werden auf allen Unternehmensebenen mithilfe von klar definierten Risikorichtlinien und -zuständigkeiten kontrolliert und reduziert. Strategische Risiken und Chancen (z.B. in Verbindung mit Klimawandel oder Wasserstress) werden in einem Top-down-Prozess bewertet. Für die Bewertung von umweltbezogenen Faktoren und Risiken sowie die Auswirkungen unserer Geschäftstätigkeit auf die Umwelt, einschließlich rechtlicher und Compliance-Risiken, bedienen wir uns hingegen eines Bottom-up-Prozesses mit einer standardisierten Methodik.

Die Identifizierung von ESG-Risiken erfolgt mittels eines doppelten Wesentlichkeitsansatzes und einer Reihe geeigneter Risikoidentifikationstechniken wie Interviews, Workshops, Befragungen und Analysen historischer Verluste sowie Informationen über Risiken, die in Risikoregistern oder Schadensfalldatenbanken dokumentiert sind. Umweltrisiken zum Beispiel werden mit Ansätzen wie einer standardisierten Umweltrisikobewertungsmethodik identifiziert, wobei wann immer möglich der Ansatz der doppelten Wesentlichkeit verwendet wird. Umweltrisiken und ‑chancen umfassen regulatorische, operative, finanzielle und reputationsbezogene Faktoren und betreffen insbesondere Themen wie Klimawandel, Verfügbarkeit und Qualität von Betriebswasser sowie die Auswirkungen von Energie-, Klima- und Wasserrichtlinien. Derartige Risiken werden dann für einen kurzfristigen Zeithorizont (3 Jahre), einen mittelfristigen Horizont (3 bis 5 Jahre) oder auf langfristige Sicht (mehr als 10 Jahre) analysiert, einschließlich ihrer möglichen quantitativen Auswirkung als Abweichung des Cashflows vom Plan und der Wahrscheinlichkeit einer solchen Auswirkung. Zur Unterstützung des Bewertungsprozesses werden Heatmaps oder Risikomatrizen verwendet, um Wahrscheinlichkeitsbereiche und die damit verbundenen Konsequenzen im Falle des Eintritts von Risiken zu identifizieren. Zur Überwachung und zum Management von Umweltrisiken setzen wir digitale Technologien ein, wie unser spezielles IT-Tool, das ökologische Risikoszenarien mit operativen und aus der Geschäftstätigkeit erwachsenden Risiken integriert.

Zur Identifizierung derartiger Risiken beobachten wir laufend das interne und externe Umfeld der OMV und konsultieren das Senior Management, Fachexpert:innen und Vorstandsmitglieder. Dieser Prozess ergänzt den Bottom-up-Ansatz und erfasst die strategieimmanenten Risiken. Wir sammeln Informationen über die Ursachen, die Folgen, die entsprechenden Maßnahmen zur Risikominderung und deren Wirksamkeit sowie über Veränderungen interner und externer Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit beeinflussen. Diese Informationen werden in Arbeitssitzungen mit dem Senior Management und Fachexpert:innen bewertet.

Alle Risiken, die auf Konzernebene einen bestimmten Schwellenwert übersteigen, werden im konzernweiten Risikobericht erfasst und unabhängig von ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit als wesentlich eingestuft. Die Schwelle kann jedoch je nach dem Schwerpunkt des Managements für die jeweilige Risikomanagementmaßnahme variieren. Darüber hinaus werden Risiken als wesentlich betrachtet, wenn sie von relevanten Stakeholder:innen wie lokalen Gemeinden, Regierungsbehörden, Mitarbeiter:innen oder Lieferant:innen als solche eingestuft werden, auch wenn die finanziellen Auswirkungen nicht signifikant sind.

Bottom-up- und Top-down-Perspektiven werden kombiniert, um ein umfassendes Risikoprofil des Unternehmens zu erstellen, das bei der Entwicklung oder Aktualisierung der OMV Strategie berücksichtigt wird. Die Ergebnisse der intensiven Berichterstattung werden auf Ebene des OMV Vorstands anhand des konzernweiten Risikoberichts erörtert und weiters dem Prüfungsausschuss der OMV vorgelegt.

Risikotaxonomie

Das Bewusstsein für jedes einzelne Risiko macht das Risikomanagement zu einem ganzheitlichen Prozess. Wir bedienen uns konzernweit derselben Risikoterminologie und sprechen eine gemeinsame Risikosprache, um die Kommunikation von Risiken zu erleichtern. ESG-Risiken sind ein Schlüsselelement der OMV Risikotaxonomie.

Das gesamte Spektrum der Risiken in Bezug auf die Geschäftstätigkeit der OMV, einschließlich wirtschaftlicher, ökologischer und gesellschaftlicher Aspekte, wird entweder mithilfe eines semiqualitativen oder quantitativen Ansatzes analysiert und in einem zentralen Risiko-Repository dokumentiert. Das resultierende konzernweite Risikoprofil bietet eine ganzheitliche Sicht auf Themen, die sich mittel- und langfristig negativ auf die Unternehmensleistung auswirken könnten, und wird daher in Entscheidungsfindungsprozessen berücksichtigt.

Gemäß der Risikotaxonomie der OMV werden auf Grundlage der wichtigsten Risikotreiber folgende Risikokategorien berücksichtigt:

  • Finanzielle Risiken, einschließlich Marktpreisrisiken, Fremdwährungsrisiken und Risiken aus (EU)-Emissionsberechtigungen: Marktpreisrisiken werden konzernweit betrachtet, und ihre möglichen Cashflow-Auswirkungen werden mittels eines Risikomodells analysiert, das Portfolioeffekte berücksichtigt. Solche Marktpreisrisiken decken auch die Auswirkungen volatiler Preise für (europäische) Emissionszertifikate ab, wobei typische Mitigationsmaßnahmen wie Spot-, Forward- oder Future-Geschäfte angewendet werden, um eine ausgeglichene Position der Emissionszertifikate durch den Verkauf im Falle eines Überhangs bzw. den Zukauf im Falle einer Unterdeckung zu gewährleisten.
  • Operative Risiken, einschließlich aller Risiken in Bezug auf physische Vermögenswerte, Produktionsrisiken, Projektrisiken, Personalrisiken, IT-Risiken sowie -, Klimawandel- und regulatorischer Risiken/Compliance-Risiken, werden nach dem definierten Risikomanagementverfahren des Konzerns analysiert, überwacht und gemanagt.
  • Strategische Risiken, die zum Beispiel durch technologischen Fortschritt oder den Klimawandel entstehen, aber auch Reputationsrisiken und politische Risiken wie Sanktionen umfassen

Für Berichtszwecke bilden wir diese Taxonomie in verschiedenen anderen Risikoklassifikationen wie 1 Das österreichische Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG) definiert Risiko als potenzielle negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsbelange, die aus der Geschäftstätigkeit des Unternehmens, dessen Lieferkette oder dessen Produkten/Dienstleistungen entstehen. Für die OMV stellt ein Risiko eine Unsicherheit in Bezug auf Unternehmensziele dar und wird anhand der Wahrscheinlichkeit oder Häufigkeit eines Ereignisses und dessen Folgen gemessen, die in Chancen oder Gefahren für den Erfolg der nachhaltigen operativen Leistung des Unternehmens resultieren können. und TCFD ab. Mehr über wesentliche finanzielle und nicht finanzielle Risiken finden Sie im Geschäftsbericht 2022.

1 Das österreichische Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG) definiert Risiko als potenzielle negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsbelange, die aus der Geschäftstätigkeit des Unternehmens, dessen Lieferkette oder dessen Produkten/Dienstleistungen entstehen. Für die OMV stellt ein Risiko eine Unsicherheit in Bezug auf Unternehmensziele dar und wird anhand der Wahrscheinlichkeit oder Häufigkeit eines Ereignisses und dessen Folgen gemessen, die in Chancen oder Gefahren für den Erfolg der nachhaltigen operativen Leistung des Unternehmens resultieren können.

EU
Europäische Union
UWRM
unternehmensweites Risikomanagement
ESG
Environmental, Social, and Governance; Umwelt, Gesellschaft und Governance
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ISO
Internationale Organisation für Normung
CO2
Kohlendioxid
HSSE
Health, Safety, Security, and Environment; Gesundheit, Sicherheit und Umwelt
NaDiVeG
Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz