Szenario-Analyse

Angesichts der beträchtlichen Unsicherheiten bezüglich der Veränderungen im Energieträgermix in den nächsten 30 Jahren und des Ausmaßes, in dem diese Veränderungen die Ziele des Pariser Abkommens erreichen werden, ist der Konzern sowohl physischen Klimarisiken als auch Risiken aus der Energiewende ausgesetzt. Das schließt Risiken für „stranded assets“, einen Nachfragerückgang für fossile Produkte und regulatorische Risiken ein. Daher wurden Annahmen verwendet, die die gegenwärtige beste Schätzung des Managements für den Bereich der erwarteten zukünftigen wirtschaftlichen Bedingungen darstellen, die sich von den festgelegten Zielen des Unternehmens unterscheiden können, einschließlich Erwartungen an zukünftige weltweite Dekarbonisierungsanstregungen und des Übergangs von Volkswirtschaften zu Netto-Null-Emissionen.

Die OMV verwendet zwei unterschiedliche Szenarien, nämlich den Base Case und den ‚Netto-Null-Emissionen bis 2050‘ -Case, die sich durch die zugrunde gelegten Erwartungen über die Geschwindigkeit der künftigen weltweiten Dekarbonisierung unterscheiden und zu unterschiedlichen Annahmen über Nachfrage, Preise und Margen von fossilen Produkten führen.

Der Base Case beruht auf einem von der internen Market-Intelligence-Abteilung entwickelten Szenario und geht davon aus, dass alle weltweit von Regierungen angekündigten Dekarbonisierungszusagen vollständig und fristgerecht implementiert werden. In diesem Szenario wird der Temperaturanstieg bis 2100 mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% auf 1,7°C begrenzt. Die zugrunde liegende Nachfrage- und Preisentwicklung fossiler Rohstoffe steht im Einklang mit dem Announced-Pledges-Szenario (APS), das von der Internationalen Energieagentur () modelliert wurde. Der Base Case wird für die Mittelfristplanung sowie für Schätzungen verwendet, die in die Bewertung verschiedener Bilanzpositionen des Konzernabschlusses eingehen, wie Werthaltigkeitstests für nicht finanzielle Vermögenswerte und die Bewertung von Rückstellungen.

Der ‚Netto-Null-Emissionen bis 2050‘-Case, der auf einem schnelleren Dekarbonisierungspfad basiert als der Base Case, wird für die Berechnung von Sensitivitäten verwendet, um die Unsicherheit aus der Geschwindigkeit der Energiewende zu berücksichtigen und das finanzielle Risiko für die bestehenden Vermögenswerte der OMV aus der Energiewende besser abschätzen zu können. Die Annahmen in diesem Szenario sind im Einklang mit dem „Net-Zero Emissions by 2050”-(-)Szenario, das von der IEA modelliert wurde. Dieses Szenario zeigt einen Pfad für den globalen Energiesektor, bei dem bis 2050 Netto-Null--Emissionen erreicht werden und der mit einer Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5°C vereinbar ist.

Sensitivitäten basierend auf dem Klimaszenario ‚Netto-Null-Emissionen bis 2050‘ wurden anhand einer vereinfachten Methode berechnet und basieren auf einem DCF-Modell ähnlich einer Werthaltigkeitsrechnung, um die Widerstandsfähigkeit von Vermögenswerten gegenüber Risiken der Energiewende zu testen.

Die Buchwerte der Öl- und Gasvermögenswerte mit sicheren Reserven (einschließlich at-equity bewerteter E&P-Beteiligungen) würden um EUR 4,4 Mrd und Firmenwerte um EUR 0,3 Mrd reduziert. Zusätzlich würden alle Öl- und Gasvermögenswerte ohne sichere Reserven mit einem Verlust vor Steuern von EUR 0,3 Mrd aufgegeben werden. Der gesamte Nach-Steuer-Effekt in der Gewinn- und Verlustrechnung würde EUR 3,6 Mrd betragen.

Was den Geschäftsbereich C&M betrifft, sieht das Management im beschleunigten Dekarbonisierungsszenario keine negativen Auswirkungen auf die Gesamtnachfrage nach Polyolefinlösungen. Die Preisgestaltung für Polyolefine wird hauptsächlich durch die Märkte für Basischemikalien wie Naphtha, Ethan und Propan bestimmt. Eine beschleunigte Veränderung der weltweiten Energielandschaft könnte zu unterschiedlichen Preisbewegungen bei diesen relevanten Basischemikalien führen und sich vorübergehend auf die Rentabilität einiger Vermögenswerte in der Polyolefin-Wertschöpfungskette auswirken. Aufgrund der erwarteten starken Nachfrage nach Polyolefinlösungen sieht das Management keine wesentlichen negativen Auswirkungen auf die gesamte integrierte Wertschöpfungskette.

Die OMV plant, ihre europäischen Raffinerien so zu transformieren, dass sie im Zuge der fortschreitenden Dekarbonisierung des Kraftstoff- und Chemiesektors wettbewerbsfähig bleiben. Der Durchsatz der Rohöldestillation wird verringert. Der Produktmix wird angepasst, um die Heizöl- und Dieselproduktion zu reduzieren und gleichzeitig die Ausbeute für chemische Produkte zu erhöhen. Parallel dazu wird ein Produktionsportfolio für erneuerbare Kraftstoffe und nachhaltige chemische Rohstoffe entwickelt. Unter Berücksichtigung dieser Transformationspläne sieht das Management kein wesentliches Risiko, dass die bestehenden Raffinerieanlagen in Europa im Szenario ‚Netto-Null-Emissionen bis 2050‘ möglicherweise nicht werthaltig sein könnten.

Es wird erwartet, dass der energiewendebedingte Nachfragerückgang für fossile Produkte außerhalb der Europäischen Union langsamer voranschreiten wird. Für die Beteiligung an ADNOC Refining wird dank des Zugangs zu Märkten im Mittleren Osten und in Asien davon ausgegangen, dass die Werthaltigkeit auch in einem mit den Zielen des Pariser Abkommens vereinbarten Szenario gegeben sein wird.

Für das Retail-Geschäft reichten Cashflows über einen Zeitraum von weniger als zehn Jahren aus, um die Werthaltigkeit der Buchwerte der aktuell vorhandenen Vermögenswerte nachzuweisen. Aus diesem Grund wurde keine Berechnung für das Szenario ‚Netto-Null-Emissionen bis 2050‘ durchgeführt.

Für weitere Informationen zu den Base-Case- und ‚Netto-Null-Emissionen bis 2050‘-Annahmen verweisen wir auf den Abschnitt „Auswirkungen des Klimawandels und der Energiewende“ im Geschäftsbericht. Die Risiken des Klimawandels und deren Bewältigung werden im Abschnitt „Risiken und Chancen“ des Nachhaltigkeitsberichts und im Abschnitt „Risikomanagement“ des Konzernlageberichts detailliert erläutert.

IEA
Internationale Energieagentur
NZE
Net Zero Emissions; Netto-Null-Emissionen
THG
Treibhausgas