Unternehmensweites Risikomanagement

Nicht finanzielle und finanzielle Risiken werden regelmäßig im Rahmen des unternehmensweiten Risikomanagement-(UWRM-)Prozesses des OMV Konzerns identifiziert, beurteilt und berichtet.

Hauptzweck des UWRM ist es, einen wesentlichen Wertbeitrag für das Unternehmen zu leisten, indem risikobasierte Managemententscheidungen ermöglicht werden. Die OMV arbeitet laufend an der Weiterentwicklung des UWRM-Prozesses gemäß den internen und externen Anforderungen. Der Prozess wird durch ein konzernweites IT-System unterstützt, in dem sämtliche festgelegten Prozessschritte dokumentiert werden. Als Grundlage dafür dienen die Leitlinien der Risikomanagementnorm ISO 31000.

Der Vorstand trägt die Verantwortung für die Risikoüberwachung und stellt sicher, dass das Management einen umfassenden Prozess zur Identifizierung, Priorisierung, Steuerung und Überwachung der für das Unternehmen kritischen Risiken eingerichtet hat. Außerdem definiert, kommuniziert und implementiert der Vorstand unsere Risikomanagementkultur im gesamten OMV Konzern.

Ein funktionsübergreifender Ausschuss bestehend aus Mitgliedern des Senior Managements und unter der Leitung des CFO – der Risikoausschuss – stellt sicher, dass wesentliche Risiken innerhalb des Konzerns im Rahmen des UWRM-Prozesses effektiv erfasst und gesteuert werden.

Der Risikoausschuss unterstützt und berät den Vorstand in allen Aspekten der finanziellen, operativen und strategischen Risiken ungeachtet deren finanzieller oder nicht finanzieller Dimensionen. Darüber hinaus stellt er für den Vorstand sicher, dass der Risikomanagementprozess des OMV Konzerns mit den entsprechenden Instrumenten, Richtlinien und Verfahren unterstützt wird und dass die Risiken im Einklang mit den Richtlinien und der Risikobereitschaft des Konzerns identifiziert, gemessen und gesteuert werden.

Der Risikoausschuss hat folgende Aufgaben:

  • Er sorgt für eine wirksame Risikosteuerung und stellt sicher, dass regelmäßige Überprüfungen und Aktualisierungen auf der Grundlage eines Best-Practice-Ansatzes erfolgen.
  • Er unterstützt die Prozesse der OMV zur Entwicklung ihrer Risikobereitschaft und sorgt für die Zuteilung von finanziellen Mitteln und die Festlegung von Limits im gesamten Konzern.
  • Er validiert die wichtigsten im Hinblick auf die mittel- und langfristigen Ziele der OMV identifizierten nicht finanziellen und finanziellen Risiken. Gemäß der Risikotaxonomie der OMV werden die folgenden Risikokategorien berücksichtigt: operative Risiken (einschließlich aller Risiken in Bezug auf physische Vermögenswerte, Produktionsrisiken, Projektrisiken, Personalrisiken, IT-Risiken sowie HSSE-, Klimawandel- und regulatorische Risiken/Compliance-Risiken), strategische Risiken (z.B. aufgrund von Technologieänderungen, Klimawandel, Reputationsrisiken oder politischen Unsicherheiten) und finanzielle Risiken wie Marktpreisrisiken und Währungsrisiken.
  • Er prüft den konzernweiten Risikobericht und finalisiert die Gesamtrisikolandschaft zur endgültigen Vorlage an den Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats.
  • Er bewertet die Maßnahmen zur Risikominderung auf deren Wirksamkeit und rechtzeitige Umsetzung, damit alle relevanten Risiken gemanagt werden, und empfiehlt dem Vorstand weitere Maßnahmen, wenn Risikotoleranzgrenzen überschritten werden.
  • Er fördert eine Kultur des Risikobewusstseins innerhalb des Unternehmens.

Der Risikoausschuss tagt mindestens viermal im Jahr. Er stellt sicher, dass das Risikobewusstsein und die Risikoprävention in allen Entscheidungsprozessen verankert sind, und validiert die wichtigsten im Hinblick auf die mittel- und langfristigen Ziele der OMV identifizierten nicht finanziellen und finanziellen Risiken.

Neben der Berücksichtigung von Risiken und Chancen in der Mittelfristplanung müssen wir konzernweit eine risikobewusste Kultur schaffen, in der alle die mit ihrer Arbeit verbundenen Risiken kennen und täglich mit den entsprechenden Maßnahmen gegensteuern. Nur so können wir eventuelle negative Auswirkungen auf unser Geschäft vermeiden und gleichzeitig die sich bietenden Chancen nutzen. Unser UWRM wird vom Senior Management gelenkt und verteilt die Verantwortlichkeiten an die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Konzerns.

Risikomanagementprozess

Der Risikomanagementprozess basiert auf einer Kombination von Bottom-up- und Top-down-Ansatz, und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen die am besten geeigneten Strategien zur Risikobegrenzung in ihrem Aufgabenbereich umsetzen. Im Tagesgeschäft werden Risiken im Bottom-up-Prozess auf der Ebene der Vermögenswerte identifiziert. Abteilungsleiterinnen und -leiter sind für die Initiierung der Risikoanalyse und die Auswahl der geeigneten Risikoidentifizierungstechniken verantwortlich. Diese können neben Interviews, Workshops, Befragungen und der Analyse historischer Verluste auch Informationen umfassen, die in Risikoregistern oder Schadensfalldatenbanken dokumentiert sind. Insbesondere Umweltrisiken werden mit Ansätzen wie einer standardisierten Umweltrisikobewertungsmethodik identifiziert, wobei in bestimmten Fällen ein Ansatz der doppelten Wesentlichkeit verwendet wird. Risikokoordinatorinnen und -koordinatoren und Fachexpertinnen und ‑experten helfen bei der Risikoidentifikation. Derartige Risiken werden dann für einen mittelfristigen Zeithorizont von drei Jahren analysiert, einschließlich ihrer möglichen quantitativen Auswirkung als Abweichung des Cashflows vom Mittelfristplan und der Wahrscheinlichkeit einer solchen Auswirkung. Zur Unterstützung des Bewertungsprozesses werden Heatmaps oder Risikomatrizen verwendet, um Wahrscheinlichkeitsbereiche und die damit verbundenen Konsequenzen im Falle des Eintritts von Risiken zu identifizieren.

Top-down-Risiken werden für einen längeren Zeithorizont von bis zu sieben Jahren und darüber hinaus analysiert (z.B. für die Laufzeit eines Projekts oder eines Feldes). Im Hinblick auf den Klimawandel umfassen Risiken und Chancen sowohl akute als auch chronische physische Risiken, regulatorische Risiken, Technologierisiken, Reputationsrisiken und langfristig entstehende neue Marktchancen.

Zur Identifizierung derartiger Risiken beobachten wir laufend das interne und externe Umfeld der OMV und konsultieren das Senior Management, Fachexpertinnen und -experten und Vorstandsmitglieder. Dieser Prozess ergänzt den Bottom-up-Ansatz und erfasst die strategieimmanenten Risiken. Wir sammeln Informationen über die Ursachen, die Folgen, die entsprechenden Maßnahmen zur Risikominderung und deren Wirksamkeit sowie über Veränderungen interner und externer Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit beeinflussen. Diese Informationen werden in Arbeitssitzungen mit dem Senior Management und Fachexpertinnen und -experten bewertet. Im Rahmen des Risikoberichts werden derartige Analysen auf Vorstandsebene diskutiert und dem Prüfungsausschuss der OMV vorgelegt.

Alle Risiken, deren Risikoeinstufung auf Konzernebene einen bestimmten Schwellenwert übersteigt, werden im konzernweiten Risikobericht erfasst und unabhängig von ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit als wesentlich eingestuft. Die Schwelle kann jedoch je nach dem Schwerpunkt des Managements für die jeweilige Risikomanagementmaßnahme variieren. Darüber hinaus werden Risiken als wesentlich betrachtet, wenn sie von relevanten Stakeholdern wie lokalen Gemeinden, Regierungsbehörden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Lieferantinnen und Lieferanten als solche eingestuft werden, auch wenn die finanziellen Auswirkungen nicht signifikant sind. Weitere Informationen zur Einbindung von relevanten Stakeholdern finden Sie im Abschnitt Einbeziehung von Stakeholdern.

Bottom-up- und Top-down-Perspektiven werden kombiniert, um ein umfassendes Risikoprofil des Unternehmens zu erstellen, das bei der Entwicklung oder Aktualisierung der OMV Strategie berücksichtigt wird.

Der formale Prozess des Sammelns von Risikoinformationen, der sogenannte „Risk Run“, findet zweimal pro Jahr statt. Die identifizierten Risiken werden aggregiert und je nach ihren Auswirkungen auf unsere Geschäftstätigkeit eingestuft. Danach werden sie dem Risikoausschuss zur Prüfung vorgelegt. Die kurz- und langfristigen Auswirkungen von Risiken und Chancen im Zusammenhang mit dem Klimawandel sind 2020 ein besonderes Schwerpunktthema für den Risikoausschuss.

Der Ansatz der OMV zum Management von klimawandelbedingten Risiken berücksichtigt sowohl die TCFD-Empfehlungen als auch die in der EU-Richtlinie für die nicht finanzielle Berichterstattung vorgeschlagene doppelte Wesentlichkeitsperspektive. Dieser neue Ansatz wird schrittweise im gesamten Unternehmen umgesetzt. Klimawandelrisiken gewinnen angesichts der erheblichen direkten Auswirkungen der Öl- und Gasindustrie immer mehr an Bedeutung.

Risikotaxonomie

Das Bewusstsein für jedes einzelne Risiko macht das Risikomanagement zu einem ganzheitlichen Prozess. Wir bedienen uns konzernweit derselben Risikoterminologie und sprechen eine gemeinsame Risikosprache, um die Kommunikation von Risiken zu erleichtern. Umwelt-, Gesellschafts- und Governance-Risiken (Environmental, Social, and Governance; ESG), die insbesondere im Zusammenhang mit dem aufkommenden Thema Klimawandel stehen, sind ein Schlüsselelement in der OMV Taxonomie.

Das gesamte Spektrum der Risiken in Bezug auf die Geschäftstätigkeit der OMV, einschließlich wirtschaftlicher, ökologischer und gesellschaftlicher Aspekte, wird entweder mithilfe eines semiqualitativen oder eines quantitativen Ansatzes analysiert und in einem zentralen Risiko-Repository dokumentiert. Das resultierende konzernweite Risikoprofil bietet eine ganzheitliche Sicht auf Themen, die sich mittel- und langfristig negativ auf die Unternehmensleistung auswirken könnten. Aus diesem Grund wird das Risikoprofil im Entscheidungsfindungsprozess berücksichtigt.

Gemäß der OMV Risikotaxonomie werden die folgenden Risikokategorien berücksichtigt:

  • Finanzielle Risiken wie Marktpreisrisiken und Währungsrisiken
  • Operative Risiken einschließlich aller Risiken in Bezug auf physische Vermögenswerte, Produktionsrisiken, Projektrisiken, Personalrisiken, IT-Risiken sowie HSSE-, Klimawandel- und regulatorischer Risiken/Compliance-Risiken
  • Strategische Risiken, die zum Beispiel durch technologischen Fortschritt entstehen, aber auch Reputationsrisiken und politische Risiken beinhalten

Für Berichtszwecke bilden wir diese Taxonomie in verschiedenen anderen Risikoklassifikationen wie NaDiVeG und TCFD ab.

Management der finanziellen Risiken

Marktpreis- und andere finanzielle Risiken, einschließlich der Marktpreisrisiken durch EU-Emissionsberechtigungen, entstehen durch die Volatilität von Rohstoffpreisen, Wechselkursen und Zinssätzen. Marktpreisrisiken werden konzernweit betrachtet und deren mögliche Cashflow-Auswirkungen werden mittels eines Risikomodells analysiert, das Portfolioeffekte berücksichtigt. Solche Risiken decken auch die Auswirkungen volatiler Preise für (europäische) Emissionszertifikate ab, wobei typische Mitigationsmaßnahmen wie Spot-, Forward- oder Future-Geschäfte angewendet werden, um eine ausgeglichene Position der Emissionszertifikate durch den Verkauf im Falle eines Überhangs bzw. den Zukauf im Falle einer Unterdeckung zu gewährleisten.

Management der operativen Risiken

Die OMV ist durch ihre Geschäftstätigkeit verschiedenen Risiken in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit und Umwelt (Health, Safety, Security, and Environment; HSSE) ausgesetzt. Dazu zählen die möglichen Auswirkungen von Naturkatastrophen sowie von Vorfällen im Bereich der Prozesssicherheit und der Sicherheit von Personen. Weitere operative Risiken gehen mit der Durchführung von Investitionsprojekten und der Nichteinhaltung von gesetzlichen oder regulatorischen Bestimmungen einher. Sämtliche operativen Risiken werden nach dem definierten Risikomanagementverfahren des Konzerns identifiziert, analysiert, überwacht und gemindert.

Die OMV konzentriert sich insbesondere auf fünf Schwerpunktbereiche der Nachhaltigkeitsstrategie: Gesundheit, Sicherheit und Umwelt (HSSE); CO2-Effizienz; Innovation; Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; Geschäftsgrundsätze und soziale Verantwortung. Die Vorstandsmitglieder der OMV diskutieren regelmäßig (zumindest vierteljährlich) über aktuelle und bevorstehende Richtlinien und Vorschriften zu Umwelt, Klima und Energie, diesbezüglichen Entwicklungen in den Kraftstoff- und Gasmärkten, den finanziellen Auswirkungen von CO2-Emissionshandelspflichten, dem Status von Innovationsprojekten und dem Fortschritt in Bezug auf die Nachhaltigkeitsziele. Die OMV legt einen starken Fokus auf die potenzielle Vulnerabilität des Unternehmens durch den Klimawandel (z.B. Wasserknappheit, Dürreperioden, Überschwemmungen und Erdrutsche), die Auswirkungen des Unternehmens auf die Umwelt und die Maßnahmen zur Gewährleistung einer erfolgreichen Transformation hin zu einer CO2-armen Umwelt (z.B. Reduzierung der CO2-Emissionen und Einhaltung neuer regulatorischer Anforderungen).

Strategische Risiken

Neben dem Marktpreisrisiko im Zusammenhang mit EU-Emissionsberechtigungen bewertet die OMV regelmäßig die Gefährdung des Konzerns durch klimawandelbedingte Risiken. Dazu zählen die potenziellen Auswirkungen von plötzlichen oder anhaltenden Ereignissen wie etwa häufigere extreme Wetterereignisse, aber auch systemische Änderungen unseres Geschäftsmodells aufgrund veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen oder die Substitution von OMV Produkten durch verändertes Konsumverhalten. Die OMV betrachtet den Klimawandel als zentrale globale Herausforderung. Bei der Entwicklung unserer Geschäftsstrategie berücksichtigen wir deshalb klimarelevante Risiken und Chancen.

Die folgenden aufkommenden klimawandelbedingten Risiken wurden identifiziert:

  • Rechtsrisiko im Zusammenhang mit der Einhaltung und den Kosten für die Einhaltung geltender Vorschriften in Bezug auf den Klimawandel, wie etwa der EU-Vorschriften zum Emissionshandel
  • Neue klimabezogene Vorschriften, die auf die Dekarbonisierung von wirtschaftlichen Aktivitäten abzielen, wie etwa zukünftige Emissionshandelsprogramme, CO2-Grenzwerte für Autos und gesetzliche Regelungen zum routinemäßigen Abfackeln und Ablassen von Erdölbegleitgas1In einer Wirkungsanalyse sind wir beispielsweise davon ausgegangen, dass Assets in Rumänien und Tunesien, in denen Gas routinemäßig abgefackelt wird, aufgrund von Vorschriften vorübergehend die Produktion einstellen mussten. In diesem unserer Ansicht nach sehr unwahrscheinlichen Szenario würde eine sechsmonatige Betriebsunterbrechung zu einem geschätzten Einnahmeverlust von EUR 525 Mio führen, was rund 3% der Einnahmen des OMV Konzerns ausmacht (basierend auf den Einnahmen von Rohölfördereinrichtungen in Tunesien und Rumänien, in denen Erdölbegleitgas derzeit routinemäßig abgefackelt wird, im Jahr 2018).
  • Senkung der Kosten für alternative Energien, was zu einem Wettbewerbsvorteil für CO2-arme Kraftstoffe führt
  • Verlagerung der Präferenzen von Verbraucherinnen und Verbrauchern und Investorinnen und Investoren hin zu Produkten und Investitionen, die auf den Energiewandel ausgerichtet sind und Lösungen zur Eindämmung des Klimawandels bieten
  • Chronische Risiken für OMV Assets an verschiedenen vom Klimawandel betroffenen Standorten

1 In einer Wirkungsanalyse sind wir beispielsweise davon ausgegangen, dass Assets in Rumänien und Tunesien, in denen Gas routinemäßig abgefackelt wird, aufgrund von Vorschriften vorübergehend die Produktion einstellen mussten. In diesem unserer Ansicht nach sehr unwahrscheinlichen Szenario würde eine sechsmonatige Betriebsunterbrechung zu einem geschätzten Einnahmeverlust von EUR 525 Mio führen, was rund 3 % der Einnahmen des OMV Konzerns ausmacht (basierend auf den Einnahmen von Rohölfördereinrichtungen in Tunesien und Rumänien im Jahr 2018, in denen Erdölbegleitgas derzeit routinemäßig abgefackelt wird).